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10/09/2020

Kreativ trotz Pause – Wie wir mit Corona leben lernen

In Thüringen sind insgesamt 13 Jugendkunstschulen in der Landesarbeitsgemeinschaft Jugendkunstschulen Thüringen e.V. organisiert. Sie versteht sich als Fachverband für ihre Einrichtungen, getragen vom ehrenamtlichen Vorstand und der Geschäftsführung. Die LAG wirkt nach innen indem sie die Mitgliedseinrichtungen in ihrer Vielfalt durch Beratung, Vernetzungsprojekte und gemeinsame landesweite Aktionen unterstützt und nach außen. Hier sind wir als Interessenvertretung und Fachverband kompetente Ansprechpartner für Politik, Verwaltung und Kommunen.

Tradition in Thüringen

Jede einzelne Jugendkunstschule in Thüringen schreibt eine ganz besondere Geschichte: die Mal- und Zeichenschule Weimar zum Beispiel ist in Deutschland die erste Schule ihrer Art. Schon Goethe besuchte das 1774 gegründete Haus. Das Studio Bildende Kunst im Lindenau-Museum Altenburg öffnete 1971 seine Türen für junge interessierte Menschen und bietet seitdem künstlerischen Unterricht. Dies folgt der Intension des Museumsgründers Bernhard August von Lindenau, der schon 1848 in seinem Haus eine Zeichenschule gründete. Dass an diese Tradition in Altenburg angeknüpft werden konnte, ist noch immer spürbar: die von Lindenau im Museum präsentierten Skulpturen dienen auch heute als Vorlage in den Zeichenkursen.

Neben besonderer Geschichte zeichnen auch besondere Orte die Jugendkunstschulen in Thüringen aus. So ist die Kunstwerkstatt Rudolstadt e.V. in der historisch bedeutsamen Heidecksburg untergebracht. Im Atelier der Alten Wache können Kinder, Jugendliche und Erwachsene zahlreiche Kreativ-Angebote in geschichtsträchtigem Ambiente wahrnehmen. Die Kunststation Oepfershausen wiederum ist mitten im Biosphärenreservat Rhön gelegen und bildet mit ihren künstlerischen Angeboten auch einen touristischen Hotspot.

Finanzierung in großer Vielfalt

So vielfältig wie die Historie und die Lage der Thüringer Jugendkunstschulen ist auch die Förderstruktur der einzelnen Häuser. So wird die Finanzierung von Stiftungen ebenso getragen wie von Kommunalen Zuschüssen oder landes- und bundesweiter Projektförderung. Auch die Trägerschaften variieren stark: während manche Häuser rein ehrenamtlich von Vereinen getragen werden, sind zwei Einrichtungen an Volkshochschulen angegliedert und wieder andere von Landkreisen oder Stiftungen getragen.

2020 ist ein ganz besonderes Jahr in der Geschichte der Thüringer Jugendkunstschulen, denn erstmals ist im Landeshaushalt ein gemeinsamer Fördertitel für Musik- und Jugendkunstschulen in Höhe von 5 Mio. Euro im Rahmen der Richtlinie zur Förderung von Kultur und Kunst ausgewiesen. Davon stehen den 13 Jugendkunstschulen 1,4 Mio. Euro als nicht zurückzahlbare Projektförderung zur Verfügung. Das ist ein großer Erfolg für die kulturpolitisch Aktiven und die Landesvorstände der Musik- und Jugendkunstschulen. Die Verwendung der Mittel steht den Einrichtungen frei, lediglich Baumaßnahmen sind nicht förderfähig. Zahlreiche Jugendkunstschulen haben Personal angestellt. Zumeist handelt es sich dabei um Künstlerinnen und Künstler, die bis dahin als Honorarkräfte in den Häusern tätig waren. Aber auch Unterstützung im administrativen Bereich kann nun endlich die Leitungstätigkeit der einzelnen Häuser entlasten.
Unter dem Motto „ArtBeat“ sollte das Jahr 2020 gemeinsam mit den Musikschulen Großes bewirken: Die kulturelle Kinder- und Jugendbildung, erstmals auskömmlich von Landesseite gefördert, wollte deutlich machen, was alles möglich ist, wenn auch dieser Kulturbereich sich ganz auf seine Vermittlungstätigkeit konzentrieren kann und frei von Finanznöten agiert. Festivals, mobile Angebote im ländlichen Raum, Kunstfeste und gemeinsam Projekte wurden konzipiert. Doch dann kam Corona…

Corona – Bremse oder Chance?

Corona hat gezeigt: die Kulturszene in ihrer nahezu unendlichen Vielfalt lebt nicht allein vom ihr gebührenden Beifall: die Überlebensstrukturen sind fragil – eine Förderung von grundlegenden Strukturen trägt dazu bei, dass sich Kultur entwickeln kann und ihrer Bestimmung gemäß agiert.

Seit Mitte März 2020 ist klar: Die Thüringer Jugendkunstschulen werden genau wie fast alle anderen Anbieter von Kunst und Kultur weltweit in diesem Jahr vor ganz neuen Herausforderungen stehen. Insgesamt sieben Wochen waren die Häuser leer. Die Zeit wurde kreativ überbrückt – sei es mit dem Nähen von Mund-Nasen-Schutzmasken, Online-Bildbetrachtungen oder kleinen Wettbewerben für Zuhause. Seit dem 4. Mai 2020 dürfen die Thüringer Jugendkunstschulen auf Grundlage eines eigens entwickelten Hygienekonzeptes schrittweise wieder öffnen. Langsam kehrt das Leben in die Häuser zurück.

Dass die Thüringer Jugendkunstschulen die Wochen ohne Kreativangebote und damit einhergehenden Einnahmeverlusten vergleichsweise gut überbrückt haben, liegt vor allem an der erstmaligen Landesförderung: das angestellte Personal konnte weiterbeschäftigt werden, Honorare für Dozentinnen und Dozenten wurden teilweise weitergezahlt, auch wenn die Angebote verschoben wurden oder online in kleinerem Rahmen stattfanden. Ohne finanziellen Druck konnten Überlegungen angestellt werden, wohin die Reise der Jugendkunstschulen gehen soll: Wollen wir der Digitalisierung mehr Raum geben? Sind neue Formate in der Kulturvermittlung umsetzbar? Wie erreichen wir mit unseren Kulturvermittlungsangeboten mehr Menschen in den ländlichen Regionen? Welche Netzwerkpartnerschaften müssen gestärkt werden? All diesen Fragen konnten sich unsere Akteurinnen und Akteure Dank der Landesförderung vollumfänglich widmen – ein Prozess der Konzeptionsentwicklung ist gestartet!
Die in den ursprünglichen Kosten- und Finanzierungsplänen ausgeführten Eigenanteile der Häuser dürfen minimiert werden – sie wirken sich nicht förderschädlich aus. Das allein ist eine große Erleichterung für die Einrichtungen. Einzig die Förderung der Kommunen, die wegen der drohenden Steuerverluste teilweise ihre Zahlungen kürzen oder ganz streichen wollen, sind an mancher Stelle noch vakant. Hier bietet die LAG, die als übergeordneter Fachverband aktiv wird, Beratungsunterstützung an.

Und wie kann es weiter gehen in Thüringen?

Nicht nur Corona hat gezeigt: Kultur braucht ein sicheres Fundament aus Anerkennung, Förderung und Finanzierung. Es genügt nicht, stets wortreich zu versichern, dass Kunst und Kultur wichtig für die demokratische Gesellschaft sind. Vielmehr ist es notwendig, dass sie auch finanziell abgesichert ist. Die Angebote der nonformalen Kunstvermittlung sind ein wesentlicher Bestandteil in der kulturellen Bildung. Als dieser verdient sie auch im politischen Kontext mehr Beachtung. In Thüringen wurde mit der gemeinsamen Landesförderung für die Musik- und Jugendkunstschulen in diesem Jahr ein wichtiger Schritt gemacht. Doch das ist aus unserer Sicht noch nicht das Ende des Weges. Vielmehr geht es darum, die Förderung zu verstetigen und gemeinsam mit Politik, Verwaltung und LAG an einem Thüringer Musik- und Jugendkunstschulfördergesetz zu arbeiten. Die kulturpolitische Sprecherin der LINKEN im Thüringer Landtag, Katja Mitteldorf: „Die Förderung von Kunst und Kultur in ihrer Vielfalt ist ein wesentlicher Schwerpunkt meiner Arbeit. Der Fördertitel im Landeshaushalt 2020 ist dafür ein wesentlicher Baustein. Nun geht es darum, alle Fraktionen, die Fachverbände und Akteurinnen und Akteure der kulturellen Bildung in die Arbeit zum Entwurf eines Landesgesetzes zur Förderung für Musik- und Jugendkunstschulen einzubinden und dieses dann im Landtag zu verabschieden. Das ist mein erklärtes Ziel.“

(Erschienen im Infodienst)